Trümmerlandschaften in Gaza, verzweifelte Schreie, Trauer und Wut – der Nahostkonflikt brennt lichterloh. Täglich erreichen uns Nachrichten von Gewalt und Vergeltung, von verlorenem Leben und verlorenem Vertrauen. Mitten in diesem Schmerz klingt eine Stimme aus der Vergangenheit nach, voller Mahnung und Menschlichkeit. Bruno Kreisky, Österreichs erster jüdischstämmiger Bundeskanzler, sprach bereits 1988 Worte aus, die heute noch erschreckend aktuell erscheinen. Für Kreisky war klar: Ohne Gerechtigkeit für das palästinensische Volk kann es keinen dauerhaften Frieden im Nahen Osten geben. Er warnte früh, dass die anhaltende Besetzung und Siedlungspolitik in den besetzten Gebieten einen schweren Friedenshindernis darstellt. Seine Botschaft damals war eindringlich: Man darf nicht wegsehen, wenn menschliche Würde mit Füßen getreten wird. Und man darf nicht schweigen – auch nicht aus Angst, missverstanden zu werden.
Kreisky wusste, wovon er sprach. Er selbst hatte Antisemitismus erlebt, doch ließ er nicht zu, dass das Leid der Geschichte als Rechtfertigung für neues Unrecht missbraucht wird. Gewalt, Ausgrenzung und Zynismus – all dem setzte er sein Vertrauen in Vernunft und Menschlichkeit entgegen. Seine Worte von einst sind heute ein flammender Appell an uns alle, unsere Verantwortung wahrzunehmen.
Gerade weil wir aus der Geschichte gelernt haben, sagen wir unumwunden: Antisemitismus? Nein. Danke! Dies ist keine hohle Floskel, sondern ein klares Bekenntnis. Die Schrecken des Holocaust mahnen uns, jeden Hass gegen Jüdinnen und Juden zu verurteilen. Zugleich aber dürfen wir unsere Augen nicht verschließen, wenn im Namen von Sicherheit neues Leid geschieht. Es ist kein Widerspruch, das Gedenken an die Shoah wachzuhalten und gleichzeitig heutiges Unrecht beim Namen zu nennen. Im Gegenteil – es ist unsere Pflicht.
Aus diesem Grund lassen wir an dieser Stelle lieber jüdische Stimmen selbst sprechen – mit Respekt und Empathie, nicht als Feigenblatt. Sie erzählen von der Liebe zum eigenen Land und vom Schmerz über dessen Verirrungen. Sie warnen uns eindringlich davor, Menschlichkeit zu verraten. Hören wir ihnen zu.